Den Landtag mal im Haus haben


Diese Gelegenheit hatten am 9.11. – einem für Deutschland geschichtsträchtigen Datum – die Schülerinnen und Schüler des 10. Jahrgangs der IGS. Als Gäste durften Herr Nauert und Herr Wagner, Fachvorsitzender der Fachschaft Gesellschaftslehre, die Landtagsabgeordneten Herrn Dr. Axel Wilke (CDU), Frau Anne Spiegel (Bündnis 90 / Die Grünen) und Herrn Walter Feiniler (SPD) begrüßen, die der Einladung gerne nachkamen, weil sie nach eigenen Angaben zeigen wollten, dass Politiker auch „Menschen wie du und ich“ sind und sie für die Fragen der Jugendlichen ein offenes Ohr haben.20151109_Landtag_IGS

So hatten die Zehntklässler nach einer kurzen Einführungsphase eine Stunde lang Gelegenheit, die Abgeordneten, die im Übrigen auch in der Kommunalpolitik tätig sind, zu verschiedenen Themen zu befragen. Allen Fragen voran wollten die Schüler wissen, worin die drei Politiker ihre größte Aufgabe sehen und wie sie konkret ihre Ziele verwirklichen können.

Während Feiniler (SPD) sich in erster Linie „für die[jenigen] einsetzen [will], die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen“, sieht Anne Spiegel( Bündnis 90) ihre vordringlichste Aufgabe darin, „alle mit[zu]nehmen – auch die, die von Armut und Ausgrenzung betroffen sind.“ Als Beispiele für die Umsetzung nennt sie sozialen Wohnungsbau und Bildungsangebote. Dr. Axel Wilke (CDU) möchte Partei ergreifen für alle diejenigen, „die ihre Anliegen nicht selbst formulieren können“. Ziel sei es, die sozial Schwächeren zu fördern – allerdings in der Ausgewogenheit mit allen, die in diesem Land leben.

Allen Gästen gemeinsam war die Tatsache, dass ihr Interesse für die politische Laufbahn schon früh begonnen hatte. „Leidenschaft für Menschen, Land und Gesellschaft“ nannte Wilke seine Triebfeder in die Politik einzutreten. Bei Spiegel begann die Laufbahn sich bereits früh abzuzeichnen, da sie von den politisch engagierten Eltern schon als Kleinkind mit zu Demonstrationen und politischen Veranstaltungen mitgenommen und in Diskussionen eingebunden wurde. Ihr persönlicher Wunsch nach „soziale Gerechtigkeit“ sei die Grundlage für ihr politisches Wirken geworden.

Für Walter Feiniler (SPD) gab es in seiner Jugend ein Schlüsselerlebnis, wie er selbst sagt, nämlich das Misstrauensvotum, das Helmut Schmidt die Kanzlerschaft gekostet und Helmut Kohl „ohne Wählervotum“, wie er betont, an die Spitze der Regierung gebracht habe. Seit diesem Zeitpunkt sei sein Interesse an Politik geweckt worden. Aber auch von familiärer Seite war der SPD-Landtagsabgeordnete politisch geprägt, da sowohl der Großvater als auch die Mutter Mitglieder im Speyerer Stadtrat gewesen seien.

Nachdem die drei Gäste ganz konkret berichtet hatten, welche Aufgaben täglich auf sie warten, stellte ein Schüler die Frage, wie man denn mit der ganzen Verantwortung, die ein Politiker zu tragen habe, umgehen könne.

Sichtlich überrascht vom Tiefgang dieser Frage, erklärte die Bündnis-90-Politikerin daraufhin, es sei nicht immer leicht, diese „Verantwortung auf Zeit“ zu tragen, zumal man nicht wisse, ob man nach einer Legislaturperiode erneut gewählt werde. So sei die Verantwortung, die man an manchen Tagen zu tragen habe auch eine „große Bürde“.

Feiniler hob hervor, dass die Bürger auch nach der Wahl „das Vertrauen in ihre politischen Mandatsträger nicht verlieren“ dürften und daher die Verantwortung ein wichtiges Thema sei.

Wilke sah es von besonderer Bedeutung, das Vertrauen, das die Bevölkerung den Abgeordneten schenkt, nicht zu enttäuschen und die eigene Meinung immer wieder aufs Neue zu prüfen und in Frage zu stellen.

Schließlich kam aus den Reihen der Schüler auch die Frage nach den Gehältern der Abgeordneten, die alle drei Mandatsträger bezüglich ihres politischen Amtes offen beantworteten. So um die 6800€ verdiene man, wenn man Fahrtkosten und Bürozulage mit berücksichtige. Allerdings könne man da auch nichts mehr von der Steuer absetzen. In diesem Zusammenhang wurde dann auch die Frage nach der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit gestellt, die den oben genannten Betrag dann wieder relativ erscheinen ließ. Die Arbeitszeiten der jungen dreifachen Mutter (Anne Spiegel) liegen derzeit bei 70-80 Wochenstunden, da ihr in den letzten Wochen und Monaten das „Thema Flüchtlinge dazwischen gegrätscht“ sei. Zeit für Hobbys oder Freunde bliebe da keine. Ihr Ziel sei es, wenigstens den einen oder anderen Sonntag für die Familie zu haben, doch das klappe auch nicht immer.

Ähnlich düster sieht die Arbeitszeit bei den beiden Herren aus CDU und SPD aus. Feiniler habe für die Politik seine Leidenschaft, das Theaterspielen, aufgegeben. Doch gebe – so Wilke – der Kontakt mit den Bürgern, die Gespräche und Diskussionen – auch einiges zurück, wofür er grundsätzlich gerne seine Freizeit opfere.

Auf die Frage nach der Flüchtlingspolitik und der Einschätzung von Merkels Vorgehensweise antwortet Wilke erwartungsgemäß, dass er richtig finde, was sie gemacht hat. Das deutsche Asylrecht unterscheide uns von vielen anderen Ländern. Doch gab er zu bedenken, dass das „richtige Augenmaß“ nötig sei bei der Flüchtlingsfrage. Dies sei auch die „Crux“: Eine Parole, die „Wir schaffen das“ lautet, könne nur überzeugend sein, wenn die Bürger im Land ermutigt und unterstützt werden und den Flüchtlingen gleichzeitig auch aufgezeigt werde, dass sie eine Bringschuld haben und sich integrieren müssen. Verantwortung sei wichtig, aber das Gastrecht könne nicht unbegrenzt sein. Dennoch müsse die Politik auch die Stimmung und Sorgen der Bürger aufgreifen und ernst nehmen. So sei es auch wichtig, Organisationen wie Pegida im Auge zu behalten.

Auch Anne Spiegel lobte die Vorgehensweise der Kanzlerin und bezeichnete sie als „intelligente Frau“. Man könne bei diesem Thema nicht nur „schwarz oder weiß“ sehen und alle demokratischen Parteien müssten an einem Strang ziehen. Allerdings betont sie abschließend mit einem Augenzwinkern, dass sie bei allem Lob für Merkel die Kanzlerin nicht wählen würde. Klar definierte sie auf Nachfrage der Schülerinnen und Schüler ihre Position gegenüber der AfD und Pegida, indem sie erklärte, alle deutschen Parteien, Initiativen und Verbände müssten klar dagegen stehen unter anderem durch Gegendemonstrationen. Viele Lügen und Unwahrheiten über Asylbewerber und Flüchtlinge würden in die Welt gesetzt werden um Stimmung zu machen. Man müssen den Bürgern Deutschlands in Gesprächen und Diskussionsrunden die Gelegenheit geben, ihre Sorgen zu äußern, damit man Gerüchte aus der Welt schaffen könne.

Walter Feiniler schloss sich seinen Vorrednern an und ergänzte, dass ihm bezüglich der Flüchtlingsfrage die Solidarität der EU fehle. Viele Staaten zögen sich aus der Verantwortung heraus. Hier sei aber internationale Politik gefragt. So ginge es nicht, dass beispielsweise die USA nur 14000 Flüchtlinge aufgenommen hätten, Großbritannien sogar überhaupt keinen.

Keiner wisse derzeit so richtig, wie es weitergehe, wo die Politik in diesen Fragen in ein oder zwei Jahre stünde, setzt Anne Spiegel nach. Die internationale Politik habe vieles versäumt, als der Syrienkonflikt begonnen habe. Aber sicher sei sie sich: „Deutschland und Rheinland-Pfalz schaff[e] das!“

Insgesamt präsentierten sich die politischen Gäste sehr harmonisch und einig in ihren Ansichten, was natürlich den Schülern auffiel und abschließend zur Frage führte, ob sich die Regierungsparteien und die Opposition im Landtag immer so einig seien wie heute vor der Schülerschaft der IGS. Mit einem Schmunzeln im Gesicht waren sich alle Drei erneut einig: Es krache auch mal ordentlich in Mainz und dann „fetze“ man sich auch so richtig im Landtag.

Wir bedanken uns an dieser Stelle herzlich bei Frau Spiegel, Herrn Feiniler und Herrn Dr. Wilke für Ihren Besuch und die Gelegenheit, unsere Landtagsabgeordneten aus der Nähe erleben zu dürfen.